Der etwas andere Parkbesuch(er), oder: Kann man 90-Jährige für den Europapark begeistern?

  • Kurze Antwort: Ja! Zumindest falls ein wenigstens leichtes Interesse an mindestens einem der Bereiche Natur, Technik, Kunst und Architektur vorliegt und die Betreffenden nicht zu sehr gesundheitlich beeinträchtigt sind. Im folgenden fasse ich meine Erfahrungen aus den letzten 3 Jahren von jeweils 2 sehr erfolgreichen Parkbesuchen mit meinem Vater und mit meiner Schwiegermutter zusammen. Beide sind jetzt Anfang 90, allerdings für ihr Alter geistig und körperlich voll fit, aber haben natürlich nicht mehr Lust, durch den Park zu joggen; das muss man beim Zeitplan berücksichtigen.


    Wie könnte also ein Tag im EP ablaufen, um Hochbetagten, die in ihrem Leben noch nie irgendeinen Bezug zu Freizeitparks hatten, ein gutes Programm zu bieten? Etwa so (ich gehe mal davon aus, dass man einen wenig besuchten Tag außerhalb der Ferien mit akzeptablem Wetter wählt und versucht, nicht zu spät da zu sein):


    Gleich beim Durchlaufen der Pforte schauen, ob die Wartezeit des Voletariums im Rahmen ist. Falls ja, kann man das gut sofort zum Einstieg machen, ansonsten bitten, kurz zu warten, zB auf einer Bank, damit man schnell Zeitkarten fürs Voletarium ziehen kann. Dann folgt ein gemütlicher Spaziergang durch die Deutsche Allee, bei dem man auf die verschiedenen Architekturstile hinweisen kann. Am Ende liegen mit Narrenscheune und Vogtshaus zwei weitere potenziell interessante Objekte. Dann geht man langsam durch Italien nach Frankreich, über die Brücke mit der schönen Aussicht auf die Cancan-Kugel, und durch den Durchgang ins »Elsass«, das bei meinen Besuchen immer für Bewunderung sorgte. Anschließend bietet sich ein Durchgang durch die Schweiz an, inkl. Blick in die Hütten.


    Dann Richtung Poseidon abbiegen, hinter der Windmühle kann man Pflanzeninteressierte auf die Korkeichen hinweisen und dann (sofern wie um diese morgendliche Zeit üblich noch unter 5 Min Wartezeit) unter dem Trojanischen Pferd hindurch und die Warteschlange von Poseidon quasi als Walkthrough gemütlich erkunden. In der Station steigt man dann einfach durch die Boote hindurch und geht weiter – die Fahrt ist für diese Altersklasse zu ruppig. Ich habe das mit beiden Senioren so gemacht, und mit vollem Erfolg. Dann kurz durch das griechische Dorf und evtl. eine kleine Pause auf der Sonnenterrasse. Falls größere Müdigkeitserscheinungen auftreten, kann man hier eine erholsame Rundfahrt mit den EP-Express einbauen.


    Die nächste Station wäre das russische Tor mit seinen schönen Malereien, worauf man die Handwerker besucht oder hinter den russischen Hütten am Bach entlang geht und das Phänomen der Gießen dort erklärt. Technikinteressierte kann man zur Mir-Station führen, ansonsten geht es nach Holland und dann in Piraten in Batavia. Gut Organisierte werfen schon in Russland mal einen Blick auf die Wartezeit und buchen eventuell ein VL-Ticket. Hinweis: Für die älteren Augen ist der Wartebereich der Piraten etwas arg dunkel, daher bei Bedarf einen stützenden Arm anbieten.


    Nach diesem ersten Höhepunkt gibt es verschiedene Möglichkeiten, je nach Kondition der Betreffenden: Entweder durch Skandinavien und evtl Snorritouren nach Island (dort evtl Rundweg unter Blue Fire und die Hütten bei Wodan ansehen) und dann über Portugal und Spanien Richtung Österreich (Zauberwelt der Diamanten!), oder man geht zum See mit Floßfahrt oder Dampfer. Man kann auch in Luxemburg die Monorail nach Island nehmen, wenn man nicht so viel laufen will. Falls sich der Hunger meldet, gibt es ja im hinteren Parkteil verschiedene Optionen, vom Bamboo Bai über Fjord Restaurant, Spices, Seehaus-Restaurant bis zu Bodega oder DonQuixotte, je nach Geschmack und aktuellem Standort.


    Nach der Mittagspause bietet sich ein Spaziergang durch den Märchenwald an (für Technikfreunde: Wasserkraftwerk nicht vergessen), evtl. mit Käthe Kruse Puppenausstellung. Je nach Interesse kann man auch beim Vorbeigehen immer wieder mal auf die verschiedenen Skulpturen im Park hinweisen, vom skandinavischen Brunnen über die Waage in Österreich bis hin zu jenen im Schlosspark. In Irland und im Schlosspark gibt es Liegen, die bereits erfolgreich für ein Mittagsschläfchen genutzt wurden. Falls man Zeitkarten hat, kommt zwischendurch noch das Voletarium, das man je nach Standort zu Fuß oder mit EP-Express ansteuern kann. Für Kaffee und Kuchen bietet sich die Terrasse bei Schloss Balthasar an; falls man im hinteren Parkteil stecken geblieben ist, besser das Seehaus- oder Fjordrestaurant. Man kann davor oder danach auch noch eine Elfen- oder Marionettenbootsfahrt einschieben; Volo da Vinci kommt auch gut an. Dann hängt es vor allem davon ab, wieviel Zeit und Energie noch bleibt. Möglichkeiten gibt es genug, vom Schlossgarten bis zur Stabkirche. Oder doch noch eine kleine Show? Als Abschluss des Tages empfiehlt sich der Eurotower. Falls sie dann immer noch nicht genug haben sollten, kann man ja noch einen Rundgang durch die Hotels anschließen.


    Bonustipp: Wenn ein unternehmungslustiger, kunstinteressierter Senior mal VR probieren will, ist „Artiality“ aus meiner Sicht durchaus geeignet.

  • Das ist eine schöne Route. So ähnlich machen wir es auch immer mit meinem Vater (80), je nach Wetter und aktueller Verfassung auch schon mal kürzer. Seine Highlights sind das Voletarium, das Vogthaus, PiB und Frankreich. Früher auch die Dschungelflossfahrt, Josie mag er nicht. Und auch so kleine Rides wie Madame Freudenreich kommen super an :)

    Das finde ich eben so toll am EP: da ist wirklich für jedes Alter was dabei!

    Das Phl zum Beispiel mag noch so coole Achterbahnen bauen, für Senioren ab einem bestimmten Alter ist es weniger attraktiv.

  • Mit meiner Mutter, Ende 60 bin ich meist nicht so rücksichtsvoll, Schande über mich. Sie musste sogar schon den CanCan Coaster, Bobbahn und einiges Andere mitmachen. Wobei wir dabei immer im Winter im Europapark sind, das Feeling ist dann für mich einfach schöner. Wobei ich festgestellt habe das man auch Ü60 Freizeitparkneulinge für einige Bahnen begeistern kann. Meine Mutter liebt Arthur und den Alpebexpress diese Bahnen müssen sein. Wobei wir meist auch 2 Nächte dort verbringen, dann kann man sich noch eine Massage, ein gutes Essen und Abends einen Coktail in einer Bar gönnen. Dieses Jahr werden wir sie wohl zu zusätzlich zu Yulbee verschleppen, sowohl mein Kind als auch ich lieben das.

  • Gurkensalat Das ist so süß geschrieben ?


    Meine Mutter, Anfang 60, hat mit mir auch schon öfter den EP besucht und macht alles mit, ob Blue Fire, Coastiality oder Yullbe. Ich wünsche mir, dass wir das in 30 Jahren immernoch genauso zusammen machen können wie du mit deinem Vater und deiner Schwiegermutter ?

  • Ich stimme sotis zu, total lieb geschrieben!

    In einem Alter von 90+ den Europapark erstmals zu besuchen, ist schon eine Hausnummer und verlangt mir Respekt ab.


    Etwas wundere ich mich allerdings, dass ihr nicht mehr Shows besucht habt. Die Eisshow und das Teatro sind nach meiner Ansicht maßgeschneidert für älteres Publikum

    ( natürlich nicht nur :D ). Etwas mehr Action bietet die Arena Show oder gegebenenfalls High Diving.


    Aber das ist sicherlich alles Geschmackssache und ich freue mich für Euch, dass ihr eine schöne Zeit hattet!

    Der Sinn des Lebens ist nicht, die Wohnung aufgeräumt zu hinterlassen.

  • Etwas wundere ich mich allerdings, dass ihr nicht mehr Shows besucht habt. Die Eisshow und das Teatro sind nach meiner Ansicht maßgeschneidert für älteres Publikum

    Ich habe beide jeweils gefragt, aber eher wenig Interesse. Generell bevorzugten sie den Aufenthalt draußen. Ich glaube auch nicht, dass die Shows ihnen so gut gefallen hätten, da sie beide sonst eher auf Klassik und Oper stehen.

    Mit meiner Mutter, Ende 60 bin ich meist nicht so rücksichtsvoll,

    Man muss das an die jeweilige Person anpassen. Meinen Vater konnte ich immerhin jetzt beim zweiten Besuch auf Arthur bringen und er fand es gar nicht schlecht. Nach dem Alpenexpress sagte er dagegen, das sei doch eher eine Tortur; die rappelt halt auch deutlich mehr. Daher habe ich die Frage, welche Achterbahnen möglich sind, hier lieber ausgeklammert, das sollte die Begleitung versuchen einzuschätzen.

    Und auch so kleine Rides wie Madame Freudenreich kommen super an :)

    Das finde ich eben so toll am EP: da ist wirklich für jedes Alter was dabei!

    Das Phl zum Beispiel mag noch so coole Achterbahnen bauen, für Senioren ab einem bestimmten Alter ist es weniger attraktiv.

    Ja, Freudenreich hatte ich vergessen zu listen, das gefiel auch. Und ich stimme dir zu, das ist eine Stärke des EP.

  • Ich habe beide jeweils gefragt, aber eher wenig Interesse. Generell bevorzugten sie den Aufenthalt draußen. Ich glaube auch nicht, dass die Shows ihnen so gut gefallen hätten, da sie beide sonst eher auf Klassik und Oper stehen.

    So verschieden sind Menschen, meine Oma hätte lieber die Flippers gehört, ne Wildwasserbahn und Alpenexpress hätte ihr noch gefallen. (82)

  • Sehr interessanter Bericht, auch wenn ich (noch) nicht zur Zielgruppe gehöre.

    Was meinst du denn mit dem Gießen-Phänomen in Russland?

    Menschen glänzen durch ihre Schönheit ... Achterbahnen durch ihren Stahl !

  • Sehr interessanter Bericht, auch wenn ich (noch) nicht zur Zielgruppe gehöre.

    Was meinst du denn mit dem Gießen-Phänomen in Russland?

    Das sind Grundwasserquellen, aus denen sich der Bach hinter den russischen Hütten speist. Manchmal sieht man es sogar richtig vom Bachgrund hochblubbernd. Wird auch dort auf Infoschildern kurz beschrieben, zB bei der Brücke, wo bisher der Ausgang vom Traumzeitdom war.


    Der Bach heißt übrigens "Blinde Elz", weil diese Quellen wenig Sauerstoff haben und Fischer das dann wegen des reduzierten Fischbestands als "Blind" bezeichneten. Und Rust war ja ein Fischerdorf. Meine Weisheiten habe ich aus dem wunderbaren Buch "Naturschätze im Europa-Park", das in den Shops und online erhältlich ist und das ich nur empfehlen kann. Ist natürlich auch PR drin, aber neben tollen Fotos auch viele interessante Infos zB über die Korkeichen und die anderen besonderen Bäume im Park.


    PS Daher benennt sich auch der Taubergießen hinter dem Park.

  • Das Buch habe ich auch, allerdings noch nicht so richtig gelesen. Das werde ich demnächst aber tun, gerade solche ökologische Randthemen finde ich sehr spannend.


    Mein Vater ist mit Ende 60 seine erste Bahn mit Inversionen gefahren, das war die damalige Eraser ( jetzt MP Express, Lucky Luke oder sonst was, hab den Überblick verloren) im Movie Park. Das wollte er aber nicht wiederholen, kann ich ihm auch nicht verdenken ;)

    Jetzt mit 80 sind ihm Arthur und Alpenexpress schon zu wild, dafür mag er Wasserbahnen. Atlantica ist sein Favorit.

  • Das ist ein sehr schön geschriebener Bericht Gurkensalat freut mich, dass ihr zusammen einen so wunderbaren Tag hattet. Meine inzwischen 81 jährige Tante war bis 2019 einige Male mit uns im Park. Sie ist körperlich noch sehr fit und gut zu Fuß, macht auch immer noch gerne Wanderungen mit meinen Eltern zusammen. Das hat man dann auch gemerkt, als sie mit uns im Park unterwegs war. :) Wir hatten einmal eine Schulfreundin meiner Tochter im Park dabei, die sich am Abend über schmerzende Füße beklagte. (Trotz guter Turnschuhe)

    Von meiner Tante kamen noch nie Klagen, sie lief immer mit uns zusammen von Show zu Show und zwischendurch sind wir noch so einiges gefahren. Besonders mochte sie das Voletarium und die Elfenfahrt sowie PiB haben ihr auch gut gefallen.

    Achterbahnen fahren wir selbst ja auch nicht, von daher hatten wir eigentlich das selbe Tagesprogramm, das wir immer machen.